8.
Lebens-
Übergänge
Lebensübergänge
Krise als Chance!?
Lebensübergänge sind Veränderungen und nicht jeder Betroffene ist in der Lage,
diesen neuen Umständen immer etwas Gutes abzugewinnen.
Wie es gelingt, diese Wendepunkte als Chancen wahrzunehmen?
Warum sind Lebensübergänge oft Auslöser für Lebenskrisen?
Lebensübergänge sind zum Beispiel das Elternwerden, die Pensionierung, eine Scheidung oder der Verlust eines Lebenspartners. All diese Veränderungen bringen es mit sich, dass sich die Be- troffenen selbst und ihre Identität ändern. So werden aus Frauen Mütter oder aus Führungskräften Rentner. Manche dieser Wendepunkte treffen uns alle einmal im Lauf des Lebens, aber nicht im- mer geht diese Phase für die Betroffenen reibungslos vorüber. Dieser Abschnitt verlang eine An- passung an neue Umstände, und wie das erfolgreich gelingen kann, ist durch das Zusammenspiel von Schutz- und Risikofaktoren gekennzeichnet. Das hängt damit zusammen, wie resilient ein Mensch ist und welche Ressourcen in dieser Zeit eingesetzt werden können. Hier stellt sich etwa die Frage, wie viele zusätzliche Belastungen sind in dieser Zeit noch vorhanden. In Lebensüber- gängen gerät immer das Grundbedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle aus dem Gleichgewicht. Hilfreich ist es, wenn andere Grundbedürfnisse, wie das nach sozialen Netzen oder ein hoher Selbstwert, in dieser Zeit stabil sind.
Gibt es Lebensübergänge, die eher von Krisen begleitet sind als andere?
Es gibt normative und nicht-normative Lebensübergänge, das heißt, die einen sind vorhersehbar, die anderen nicht. Schließlich hängt der Auslöser für eine krisenhafte Entwicklung auch noch damit zusammen, ob das Ereignis als wünschenswert oder nicht eingeschätzt wird. Nicht für jeden ist der Ruhestand negativ besetzt, daher werden jene, die sich be- reits darauf freuen, weniger Schwierigkeiten mit der Umstellung haben. Darüber hinaus gibt es noch psychische Aspekte, die gar nicht vorhersehbar sind, wie etwa im Zusammenhang mit der Schwangerschaft das Auftreten von Psychosen. Hier sind Mediziner mit entsprechenden Therapien gefordert.
Wie klappt die Vorbereitung?
Unsere Seele ist ein weites Land und es treten immer wieder Entwicklungen ein, die wir auch bei bester Vorbereitung nicht vorhersehen können. Letztendlich werden wir nie genau wissen, wie wir emotional auf etwas in der Zukunft Liegendes re- agieren werden. Tritt das Ereignis ein, so ist es wichtig, einen Plan zu haben und neue Ziele abzustecken.
Gibt es Menschen, die häufiger von Krisen in Lebensübergängen betroffen sind?
Über die Lebensspanne hinweg gesehen sind Frauen eher resilienter als Männer, mit Ausnahme während der Pubertät.
Bis zu welchem Punkt ist die Krise eher „harmlos“, ab wann ist es sinnvoll, Hilfe zu holen?
Wenn der Leidensdruck hoch ist und der normale Alltag so beeinträchtigt ist, dass die Lebensfreude fehlt. Der Hausarzt ist nicht nur aufgrund der hohen Vertrauens ein erster wichtiger Ansprechpartner, denn er kennt seine Patienten über viele Le- bensjahre hinweg und kann daher auch die Veränderungen sehr gut beurteilen.
Wie kann der Vertrauensarzt auf eine mögliche Krise ansprechen?
Ich rate zu zwei zentralen Fragen: „Freuen Sie sich auf das kommende Ereignis“ und wie gefestigt die Antwort darauf ist. Die Stimme ist ein sehr guter Indikator im Hinblick auf die Verunsicherung im Zusammenhang mit Wendepunkten im Le- ben. Die zweite Frage lautet: „Wie haben Sie sich vorbereitet?“ Damit merkt der Betroffene auch, dass eine Vorbereitung möglich ist. Wenn wir wieder das Pensionierungsbeispiel nehmen, so merke ich aus Erfahrung, dass Männer oft gar keine neuen Pläne für die Zeit nach dem Arbeitsleben haben, Frauen hingegen rasch neue Ziele finden. Oft wird gerade die Pen- sionierung zu einem Paarproblem, wenn bisher das Haushaltsmanagement eher bei der Frau lag und plötzlich der Mann den ganzen Tag anwesend ist und noch dazu nicht genau weiß, wie er sich einbringen kann. Oft kommen dann Frauen in die Beratung, weil sie die Betroffenen dieser neuen Lebensphase des Partners sind.